Typisch Canadisch / Typisch “Nova Scotisch”
Zuerst darf ich sagen, dass ich “Typisch Canada” bzw “Typisch Canadisch” gar nicht sagen kann. Wir kennen einige Leute, die von Ontario nach Nova Scotia gezogen sind, die sagen, sie kennen die Redewendungen hier nicht, sie wissen nicht wie man die Städte hier ausspricht und jeder Nova Scotian hört und merkt sofort, dass sie nicht (schon immer) von hier sind.
Ich kann als nur von “Typisch Nova Scotia / Typisch Nova Scotian” sprechen.
Diese Seite werde ich immer wieder ergänzen, also schaut doch gerne einfach mal wieder rein, ob es schon was Neues von mir zu berichten gibt.
Geburtstage
Geburtstage werden hier oft nur mit der Familie gefeiert. Manche Familien gehen mit ihren Kids zum Essen, machen einen Ausflug oder feiern einfach ganz klein zuhause. Ein “Happy Birthday” ist alles was die Canadier sagen. Niemand macht eine große Sache daraus. Hier sagt man auch 2 Wochen vor dem Geburtstag “Happy Birthday”, wenn man sich gerade sieht, weil die Canadier das danach vergessen haben.
An einem Kindergeburtstag verschenken sie meist etwas, manchmal nur etwas Selbstgebasteltes oder auch nur eine selbstgemalte Karte.
Wir sind auf einem 50. Geburtstag eingeladen, wir bringen 2 Kuchen als Überraschung, einen Strauß mit Blumen aus dem Garten und eine Geburtstagskarte. Da sind wir echt die einzigen. Mehr als “Happy Birthday” sagen die anderen nicht. Einem sehr guten Freund oder jemandem aus der Familie schenkt man mal was, sonst nicht.
Eine Freundin sagt, es braucht zuviel Geld und Zeit für das Geschenke kaufen.
T-Shirts
Ein paar Freunde und Bekannte erzählen, dass sie das noch nirgends in ganz Canada gesehen haben wie auf Nova Scotia. Ganz viele Läden, Restaurants, sogar vom Mush- a – Mush Lake werden T-Shirts, Hoodies und Mützen verkauft. Und echt viel Leute tun das und sind ganz heiß darauf.
Im Labyrinth und im “Oh My Cod” werden sehr viele T-Shirts verkauft.
Pop up und Chips
Wenn wir Besuch haben, dann gibt es Saft und Wasser, wir backen Kuchen… So wie wir das aus Deutschland kennen.
Canadische Gastgeber holen dann Pop up´s aus dem Kühlschrank, öffnen gekauftes Gebäck, Knabberzeug und Chips. Ein Paradies für Kids und ich staune nur, wie einfach sie es hier machen. Da steht niemand 2 Stunden oder länger in der Küche, bevor der Besuch kommt.
Grabschmuck
Viele kaufen ein schönes Gesteck aus Plastikblumen und stellt es auf den Grabstein. Manche haben auch keine Plastikblumen. Ein Grab wie wir es kennen, mit viel Pflege, gibt es hier nicht.
Grabstein, Plastikblumen, fertig.
Hunde Gassi gehen
Fast jeder Canadier hat mindestens einen Hund. Es gibt viele Canadier, die nicht mit ihrem Hund Gassi laufen. Die Hunde rennen im Garten oder durch den Wald. Typisch Canadisch nimmt fast niemand seinen Hund mit auf Ausflüge usw. Die Hunde sind zuhause. Von manchen Bekannten wussten wir lange nicht, dass sie einen Hund haben, dann erzählen sie , dass der Hund zuhause ist.
Wir haben 2 Nachbarn mit Hunden, die nie mit den Hunden laufen. Sehr spannend.
Canadier reden immer
Die allermeisten Canadier haben immer Zeit für eine nette Unterhaltung. Ob die Kassiererin im Supermarkt, die Leute vom Nachbartisch im Restaurant, Menschen auf der Straße, am Strand, im Cafe. Ein kurzes: Hallo, wie geht es dir heute? Was für ein tolles Wetter. Wo kommt ihr her? Was habt ihr heute erlebt?
Oft haben sie ein Kompliment für den Anderen: Ich liebe deinen Korb. Deine Frisur ist klasse. Oh, bist du heute hübsch.
Das tut so gut und macht Spaß und Freude. Und man wünscht sich immer einen schönen Tag und “Stay safe”.
Rasenmähen am Sonntag
Wenn wir am Sonntag Nachmittag gemütlich auf dem Deck sitzen oder im Garten sind fängt ein Nachbar nach dem Anderen an den Rasen zu mähen. Ganz typisch Sonntag nachmittag – Rasenmäh Zeit.
Und auch an Feiertagen. Unter der Woche ist alles still und am Sonntag geht es dann los.
Hausgeburt
Hausgeburten sind hier in unserer Region ganz normal und immer mehr werdende Eltern bekommen ihre Babys zuhause.
Im Normalfall sind ein oder zwei Hebammen bei der Geburt dabei.
Doch es kommt auch vor, dass Freunde erzählen, dass sie das ganz alleine
zuhause gemacht haben. Oder noch den Rettungswagen angerufen haben, dass jemand für den Ernstfall da wäre.
Baby Shower
Vor der Geburt findet die Baby Shower Party statt. An diesem Tag treffen sich die werdende Mutter und jede Menge Freundinnen, es gibt leckeres Essen, es werden witzige Spiele gemacht und alle haben jede Menge Spaß.
Die Geschenke an das Baby werden mitgebracht.
Viele Familien ziehen sich nach der Geburt für einige Zeit zuerst einmal zurück um das Glück in Ruhe zu genießen.
Eine Bekannte hat uns einige Zeit vor der Geburt ihres Kindes gesagt, dass sie die ersten 6 Wochen nicht besucht werden wollen.
Sturmchips
Meine Freundin erzählt, 2002 gab es auf Nova Scotia einen heftigen Sturm. In den Supermärkten waren alle Chipsregale leer.
Daraus entstand dann der Witz: ” Alle haben Sturmchips gekauft.” Und noch heute ist es tradition, dass jeder Chips oder ein anderes Lieblingsessen für den
Sturmtag kauft und man wünscht sich “leckere Sturmchips, genießt eure Sturmchips”
Shelburne Movie
1994 wurde in Shelburne ein Film mit Debbie Moore gedreht. Für diesen Film wurden alle Oberleitungen unter die Erde verlegt. Dank diesem Film hat Shelburne diesen einzigartigen Blick ohne Oberleitungen an der Waterfront. Das ist wirklich einzigartig hier.
Diese freie Sicht wurde dann genutzt und es wurden danach noch mehrre Filme dort gedreht.
In Chester ist das auch so.
Blätter und Locher
Papierblätter haben in Canada ein anderes Format und auch die Aufbewahrung im Ordner ist mit 3 Löchern, also gibt es auch einen anderen Locher.
Doof, wenn man leere Ordner aus Deutschland hat : )
Keine Sonne?
Schon als Jochen im Januar 2019 auf Nova Scotia zu besuch war hat er gelernt dass die Wetterunterschiede auf Nova Scotia groß sind.
Das Wetter ist schlecht?
Es herrscht ein Schneesturm?
Es ist bewölkt?
Dann fahr einfach etwas weiter, in den nächsten Ort, die nächste Bucht bis du die Sonne entdeckt hast.
So geht es mir im Urlaub an der Eastern Shore 2021.
Ich sage zu der Frau an der Rezeption, dass es heute wohl etwas regnerisch ist und ich nicht so viel machen werde und sie sagt: Oh, kein Problem auf Nova Scotia, fahr einfach weiter bis du eine Bucht mit Sonne entdeckst. Hab nen sonnigen Tag.
Und siehe da, ein paar Kilometer weiter im Provincial Park war dann die Sonne.
Sonnenbrille
Daher gilt, nimm immer deine Sonnenbrille mit, egal wo du hinfährst, wenn die Sonne jetzt nicht scheint, könnte sie dich an der nächsten Bucht, um die nächste Ecke blenden.
Kalt mit und ohne Wind
Im Winter kann man kaum sagen, wie kalt es ist. Die Temperatur kann bei minus 2 Grad Celsius und Wind viel kälter sein als bei minus 11 Grad ohne Wind oder Sonnenschein.
Hier ist der Wind entscheidend, ob es ein fantastischer Wintertag ist oder einfach nur ekelhaft kalt und der Wind dir ins Gesicht peitscht.
Auf der Wetterseite der Regierung steht immer die Temperatur und die Gefühlte Temperatur. So hatten wir gerade (Februar 2023) minus 25 Grad und gefühlte minus 40 Grad.
Keine Schreibschrift
An den Schulen wird keine Schreibschrift gelehrt.
Die Kinder lernen nur mit Druckbuchstaben zu schreiben.
Oh my gosch
Hier sagt niemand “Oh my God”. Viele Menschen hier sind gläubig und “Oh my God” könnte sie oder ihren Gott beleidigen. Also sagen hier alle “Oh my gosch” um niemanden zu nahe zu treten.
Das haben unsere Mädels ganz schnell gelernt, da unsere Nachbarin im ersten Haus das sehr sehr oft gesagt hat.
Milli ist im Kindergarten an einem Baum weit hoch geklettert und als sie erstaunt runterschaute sagte sie voller Begeisterung: “Oh my gosch”.
Potluck
Der Potluck ist einfach klasse. Bei Treffen und Feiern wird hier meist ein Poluck gemacht. Jeder bringt zum Essen mit, was er möchte: süße oder deftige Speisen und alles kommt auf den Tisch und alle greifen zu. Jeder bringt sein eigenes Geschirr und Getränke mit und dann wird geschlemmt.
Wir haben wirklich schon die besten Potlucks gehabt. Meist sind es selbstgemachte Gerichte, selten auch gekaufter Kuchen, Cracker und Dips, Warmes und Kaltes, oft vegane Speisen. Also darauf freuen wir uns wirklich immer. Und mal hat man mehr Zeit und macht etwas Aufwendigeres und mal nur einen Salat o.ä.
Am Anfang habe ich immer meinen Russischen Zupfkuchen gemacht, da waren alle begeistert, dann war es oft der Tofu Salat oder ein Brokkolisalat.
Es sind auch einfach mal leckere, gekaufte Schokokekse dabei.
Hunde im Auto
Hunde im Auto auf Nova Scotia. Ha. Es ist schon fast eine Seltenheit wenn in einem Auto kein Hund sitzt bzw. läuft.
Da fährt ein Auto an Dir vorbei und auf dem Beifahrersitz ein mega Husky – als Beifahrer.
Vor Dir fährt ein Auto und der Hund läuft überall. Mal hinten, wieder vorne, wieder hinten, mitte, links, rechts. Wir lachen dann immer.
Und das Beste. Die Hunde schauen ganz oft aus dem offenen Fenster raus. Hunde fast so groß wie Bären. Es ist unglaublich. Und unglaublich witzig. Und voll normal hier.
Emmi sagte mal: “Mama, da vor uns im Auto ist ein Hund”, ich sagte “Wo, ich sehe ihn nicht ?”. Emmis sagte: “Den Hund sehe ich auch nicht, man sieht da nur den Schwanz wackeln”.
Umziehen
Viele Canadier (jetzt meine ich wirklich die Canadier) ziehen sehr oft um. Wir hören ganz oft die Geschichte, wie wild die Leute von Alberta, nach BC, wieder nach Alberta, nach Californien, Spanien und dann nach Nova Scotia gezogen sind. Und manche sagen auch gleich, “Wir sind nicht für immer hier, wir wollen dann noch weiter”.
Eine Freundin kommt von Ontario, sie hat schon in Italien gelebt, ihr Mann und sie waren dann in Florida, dann Virginia, jetzt Nova Scotia. Sie sagte vor kurzem zu ihrem Mann, sie wären schon 5 Jahre hier, so lange waren sie noch nie an einem Ort. Es wird Zeit umzuziehen. Also schauen sie sich nach einer neuen Gegend um…
Und mir gefällt das sehr, denn jeder Ort ist anders. Und jedes Land, jeder Gegend bringt andere Erfahrungen mit sich.
Wahnsinn.
Das ist (so vermuten wir) auch der Grund weshalb viele Canadier/ Nova Scotian sehr minimalistisch leben. Hier renoviert eigentlich niemand ein Haus. Es wird vielleicht mal neu gestrichen. Wenn ich hier manche alten Küchen sehe, denke ich immer, in so einer Küche würde in Deutschland niemand kochen.
Viele Freunde haben so viel Teller wie Menschen im Haushalt wohnen. Wenn Gäste da sind werden noch die Schälchen mitbenutzt und sollte es eine Nachspeise geben, wird eben erst gespült.
Es gibt aber auch Canadier, die ihr ganzes Leben lang an einem Fleck wohnen. Wir hören das oft von Menschen auf Cape Breton, die schon immer dort gelebt haben.
Schloss im Schwimmbad
Im Schwimmbad bringt jeder sein eigenes Schloss für den Spind mit.
Am Anfang wussten wir das nicht und haben uns immer eines im Hallenbad an der Kasse geliehen. Und jetzt finden wir das super praktisch. Jeder von uns 5 kann das Zahlenschloss bedienen, niemand muss den Schlüssel aufbewahren. Toll.
Fahren durch ganz Canada
Die Canadier sind unglaublich. Viele Canadier fahren mit dem Auto durch ganz Canada. Wenn sie einen Freund oder die Familie in Ontario besucht fahren sie mal eben 24 Stunden rüber.
Besucht die Oma ihre Tochter und Enkel hier, fährt sie von Manitoba eine Woche mit dem Auto nach Nova Scotia – one way!
Jemand erzählte uns, sie besuchen Freunde über das lange Wochenende in Ontario. Die Fahrt sind 17 Stunden. Sie fahren das durch, die drei kleinen Kinder schlafen dann. 17 Stunden hin, 3 oder 4 Tage bleiben, 17 Stunden zurück.
Das wäre nichts für mich. Irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen. 4 oder 5 Stunden nach Cape Breton in den Urlaub reichen mir. Und dann bleiben wir da aber auch ne Woche, dass es sich eben lohnt.
Und doch werden wir auch immer Kanadischer. Irgendwann wollen wir auch PEI und Neufundland bereisen. Und die Les Iles de la Madaleine besuchen.
Can I use your Washroom?
Hier fragt jeder “Can I use your washroom”? oder “Where ist your washroom”?
Das finde ich so elegant. In Deutschland war das immer die Frage, “Wo ist bei Dir die Toilette”?
Der Washroom macht das alles so offen, ob jemand die Toilette benutzt, Hände wäscht oder kurz in den Spiegel schaut. Es ist nicht gleich klar, der muss mal. Mir gefällt das.
Was wir sehr lange nicht wussten, ist das ungeschriebene Gesetzt: Ist die Tür zum washroom offen, ist frei. Ist die Türe zu, ist gerade jemand drinnen. Oft haben uns Gäste gefragt, ist da jemand im washroom? Da kommt gar niemand raus? Die Kanadier dachten immer, da ist jemand im washroom und sie können da jetzt nicht rein.
Und wir hatten die Türe oft zu. Jetzt ist die Türe auch sehr oft zu, da unser Hund Bella gerne in der Wäsche stöbert und wir die Türe einfach zu haben um Bella da raus zu haben. Mittlerweile sagen wir das zu den Gästen: “Der washroom ist frei, die Türe ist nur wegen Bella geschlossen.”
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